Die SPD-Fraktion stimmte dem Haushaltsplan für 2021 in der Sitzung des Kreisausschusses zu. Die Beratungen standen im Zeichen der Corona-Pandemie. „So ist dann auch der professionelle Umgang mit den haushaltswirtschaftlichen Herausforderungen der Corona-Krise ein wesentlicher Grund für unsere Zustimmung.“ so der SPD-Fraktionsvorsitzende, Ralf Derichs. „Dass wir dem Haushaltsentwurf zustimmen, bedeutet jedoch nicht, dass wir ihm kritiklos gegenüberstehen.“
Die Rede des Fraktionsvorsitzenden, Ralf Derichs, in Gänze:
Rede des Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Kreistag Heinsberg
Ralf Derichs
zum Entwurf des Haushaltsplans 2021
Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Corona-Pandemie hat die Menschen im Kreis Heinsberg – wie auch weltweit – im vergangenen Jahr vor besondere Herausforderungen gestellt. Wie alle wissen, war unser Kreis von Beginn an und als erstes besonders stark von der Pandemie betroffen.
Herr Landrat, im Kreis Heinsberg wurde in dieser Zeit vor knapp einem Jahr schnell reagiert. Im Kreis wurden insgesamt gute Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie ergriffen. Sicher hätten wir uns gelegentlich mehr Beteiligung der politischen Gremien und Informationen gewünscht, schauen aber dennoch positiv darauf, wie im Kreis auf die Krise reagiert wurde.
Ihnen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Krisenstabs und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung haben wir bereits im Frühjahr letzten Jahres unseren besonderen Dank ausgedrückt. Dies möchte ich heute wiederholen.
Die Krise hat gezeigt, dass es großen gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Kreis gibt. Nicht nur hauptamtlich wurde großes Engagement geleistet, auch ehrenamtlich haben die Menschen einander unterstützt. All jenen gilt ebenfalls unser Dank.
Die Auswirkung der Corona-Pandemie auf den Haushalt im nächsten und in den folgenden Jahren ist groß. In der Finanzausschusssitzung haben wir bereits unsere Zustimmung zum Haushaltsentwurf 2021 zum Ausdruck gebracht. Der Entwurf ist – wie wir es gewohnt sind – von hervorragender handwerklicher Qualität. Dafür gilt der Dank der SPD-Fraktion Ihnen, Herrn Schmitz, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei.
So ist dann auch der professionelle Umgang mit den haushaltswirtschaftlichen Herausforderungen der Corona-Krise ein wesentlicher Grund für unsere Zustimmung.
Darüber hinaus sehen wir auch inhaltlich an einigen Stellen positive Entwicklungen. Wir freuen uns darüber, dass auf unsere Initiative hin und mit dem Engagement unserer ehemaligen Dezernentin Frau Ritzerfeld endlich eine Frauenberatungsstelle im Kreis Heinsberg eingerichtet wurde und ihre Arbeit aufgenommen hat. Endlich ist unser Kreis kein schwarzer Fleck mehr für Frauen, die dringend der Hilfe und Unterstützung bedürfen. Ebenso wichtig ist uns, dass Mittel für eine Fachberatungsstelle für Kinderschutz – gegen Missbrauch und Gewalt – bereitgestellt wurden. Neben der Einrichtung der Frauenberatungsstelle war und ist dies für die SPD ebenfalls von hoher Priorität. Auch das hat uns die Zustimmung zum Haushaltsentwurf erleichtert.
Schließlich ist auch erfreulich, dass die Kommunen trotz der Krise nicht stärker durch die Kreisumlage belastet werden. Vielmehr bleibt die allgemeine Kreisumlage stabil. Durch erhöhte Umlagegrundlagen sinkt der Hebesatz leicht. Dies ist mit Blick auf die finanzielle Situation der Kommunen ein gutes Signal. Zudem ist der Kreis nahezu schuldenfrei. Für das Jahr 2022 wird sogar die vollständige Schuldenfreiheit angestrebt.
Dass wir dem Haushaltsentwurf zustimmen, bedeutet jedoch nicht, dass wir ihm kritiklos gegenüberstehen.
Die gute wirtschaftliche Lage des Kreises bietet uns für die Zukunft Handlungsspielräume und damit eine große Chance, den Kreis zu gestalten. Helfen wird auch, die Projektförderungen der Zukunftsagentur Rheinisches Revier wo möglich in Anspruch zu nehmen. Diese Gelegenheiten müssen wir nutzen und Visionen und Ideen entwickeln, die den kommenden Generationen Chancen bieten. Dieser Ausblick in die Zukunft des Kreises fehlt uns. Hier, Herr Landrat, hätte ich mir in Ihrer Einbringungsrede neue Impulse nicht nur gewünscht, ich habe Sie gerade zu Beginn einer Legislaturperiode auch erwartet. Die Bewältigung der Folgen der Corona-Krise ist aktuell natürlich unsere größte Aufgabe. Aber ich stelle an uns alle die Erwartung, nicht nur wie das Kaninchen auf die (Corona-) Schlange zu starren sondern gerade jetzt, die zukünftigen Herausforderungen zu benennen und Wege aufzuzeigen, unseren Kreis weiterzuentwickeln.
Aus Sicht der SPD-Fraktion ist eine Herausforderung, für die wir Lösungen finden müssen, die Schaffung von angemessenem Wohnraum.
Was werden wir unternehmen, um die Wohnungssituation im Kreis zu verbessern? Worin wird der Kreis in Zukunft investieren?
Uns fehlen im Haushaltsplan nennenswerte Investitionsvorhaben in die Zukunft. Hier wären insbesondere Investitionen in die Förderung von Wohnraum notwendig. Gerade in einer Region – wie der unseren -, wo die Bauwirtschaft eine große Bedeutung hat, könnte einiges bewegt werden. Wir müssen davon ausgehen, dass die Nachfrage in den kommenden Jahren anhalten wird. Wichtig ist dabei vor allem, auf die Schaffung bezahlbaren Wohnraums zu achten. Für diejenigen, die sich kein Haus oder keine Eigentumswohnung leisten können oder die kein Darlehn bekommen weil sie zu alt oder erst am Beginn ihres Berufslebens sind oder gerade eine Familie gegründet haben, wird es auch in unserem Kreis immer schwieriger, bezahlbare Mietwohnungen zu finden. Außerdem müssen wir damit rechnen, dass die Pandemie das Armutsrisiko noch erhöht.
Die Wohnungsfrage ist eine zentrale Frage unserer Zeit. Dort, wo genügend preiswerter Wohnraum vorhanden ist, werden sich die Menschen – besonders junge Familien – niederlassen. Für die SPD bedeutet die soziale Wohnraumförderung die Unterstützung von Haushalten, die sich am Markt nicht aus eigener Kraft angemessen mit Wohnraum versorgen können. Deshalb gewinnt dieses Thema auch immer mehr Bedeutung in der Wirtschaftsförderung.
Neben der Frage nach Investitionen in Wohnraum gibt es weitere Fragen, die unseren Kreis herausfordern und auf die wir in den kommenden fünf Jahren Antworten finden müssen:
Was wird der Kreis unternehmen, um den ÖPNV – dazu gehören Bus- aber auch der Schienennahverkehr – weiter auszubauen und attraktiver zu gestalten?
Was wird der Kreis darüber hinaus unternehmen, um die Mobilität zu verbessern und das Fahrradwegenetz auszubauen und zu erhalten?
Welche Maßnahmen plant der Kreis gegen Altersarmut, ein Problem besonders für Frauen?
Wie wird der Kreis Kinder und Jugendliche vor Gewalt und Missbrauch schützen?
Gerade in der Pandemie müssen wir das Wohl der Kinder in unserem Kreis in den Blick nehmen. Einen Beitrag dazu wird sicher neben anderen auch der neu gegründete Verein KiBF – Kinderschutz – Beratung – Fortbildung leisten.
Was wird der Kreis tun, um Kinder und Jugendliche in Entscheidungen einzubeziehen und ihre Interessen stärker zu berücksichtigen?
Bei diesem Thema sind wir nach wie vor der Auffassung, dass ein Kinder- und Jugendparlament unbedingt notwendig ist, wenn wir jungen Menschen ernsthaft die Möglichkeit geben wollen, sich auf Kreisebene politisch zu beteiligen.
Was wird der Kreis tun, um Migrantinnen und Migranten besser zu integrieren?
Was werden wir tun, um eine Bildungsgerechtigkeit herzustellen und um Kinder mit Inklusionsbedarf zu fördern?
Wie wird der Kreis sicherstellen, dass er in Zukunft über mehr gute Arbeitsplätze – vor allem auch für Frauen – verfügt?
Wie verbessern wir die Zusammenarbeit mit den uns umgebenden Hochschulen und werden bestenfalls selber Hochschulstandort?
Wie lässt sich der Service für unsere Bürgerinnen und Bürger verbessern? Zum Beispiel durch eine überfällige Verbraucherberatung, von der SPD in der Vergangenheit mehrfach vergeblich beantragt und heute durch die Grünen erneut auf die Tagesordnung gesetzt.
Wie verbessern wir die Zusammenarbeit mit unseren niederländischen Nachbarkommunen?
Gerade nach so vielem ehrenamtlichen Engagement in der Corona-Krise: Wie fördern und anerkennen wir das Ehrenamt?
Und schließlich zur größten Herausforderung für die gesamte Menschheit: Was werden wir im Kreis Heinsberg gegen den Klimawandel und für Nachhaltigkeit tun?
Es liegt an uns allen, schnellstmöglich die entsprechenden Weichen zu stellen, durch:
– den Erhalt eines lebenswerten Umfeldes durch Natur-, Arten- und Landschaftsschutz.
– weitere Renaturierungen von Bach- und Flussläufen – dadurch auch Vermeidung von Hochwasser.
– einen sorgsamen Umgang mit Ressourcen.
– Vermeidung von CO2-Ausstoß z.B. durch den verstärkten Einsatz von Hybrid- und E-Fahrzeugen bei der WEST-Verkehr und im Fuhrpark des Kreises.
– umweltfreundliche Energie- und Wärmetechnologie in und an den Gebäuden des Kreises.
– konsequente Ahndung von Umweltverstößen, zum Beispiel bei der illegalen Ausbringung von Gülle.
Herr Landrat, natürlich haben wir nicht erwartet, dass Sie bei Ihrer Einbringungsrede auf alle diese Themen eingehen, geschweige denn Konzepte und Lösungen aus der Tasche ziehen. Aber die Schwerpunkte aufzuzeigen, die die Arbeit der Verwaltung in den nächsten Jahren aus Ihrer Sicht prägen werden, wäre schon zu erwarten gewesen.
Einem einzigen Zukunftsthema haben Sie sich ausführlicher gewidmet: der Digitalisierung. Und Sie haben durchaus Recht: Mit der Glasfaseranbindung und digitalen Projekten baut der Kreis seine Zukunftsfähigkeit in technologischer Hinsicht weiter aus. Aber die Digitalisierung ist letztlich nur ein wichtiges und notwendiges Mittel, um in der Zukunft Ziele zu erreichen. Welche Ziele wir uns setzen, wie wir unseren Kreis gestalten, wie wir unseren Beitrag zu den großen Herausforderungen leisten, liegt in unserer Hand.
Die Haushaltslage des Kreises bietet – ich sagte es bereits – uns den Spielraum, sich den Herausforderungen beherzt zu stellen und Lösungen zu erarbeiten. Die SPD-Fraktion ist dazu bereit. Mit Ihnen, Herr Landrat, mit unserer Verwaltung und mit den demokratischen Fraktionen hier in diesem Haus.
Den Schluss meiner Ausführungen möchte ich nutzen, um optimistisch nach vorne zu blicken. Ich hoffe, dass wir die Corona-Pandemie bald überstanden haben. Die Entwicklung mehrerer wirksamer Impfstoffe und der Start der Impfzentren stimmen mich positiv. Ich wünsche allen Menschen im Kreis Heinsberg, dass sie die aktuellen Herausforderungen weiterhin bestmöglich meistern. Uns als Kommunalpolitikerinnen und -politikern erhoffe ich, dass wir unserer politischen Arbeit schnellstmöglich in gewohnter Weise nachgehen können. Bis dahin wünsche ich Ihnen alles Gute und bleiben Sie gesund!